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Badische Zeitung: Schwarz-Rot ist im Amt / Merkels Graubrot

Datum: Mittwoch, der 18. Dezember 2013 @ 21:30:14 Thema: Deutsche Politik Infos

Freiburg (ots) - In Hessen wird wahr, was in Berlin hätte wahr werden können - ein schwarz-grünes Experiment, ein Politikversuch mit offenem Ausgang, aber mit Charme und Chancen.

Der Zauber des Neuen lässt selbst einen Volker Bouffier irgendwie hip erscheinen. Das sagt über die Kraft dieses Zaubers einiges aus.

Im Bundestag war im Vergleich dazu am Dienstag allenfalls ein blasses Funkeln zu sehen.

Ein paar nervös strahlende Gesichter, die Newcomer im Kabinett bei der Vereidigung, ansonsten eine Mischung aus Erschöpfung und Routine und natürlich: dieselbe Prozedur wie schon zwei Mal vorher.

Angela Merkel wurde von der Abgeordnetenmehrheit zur Kanzlerin gewählt. Gut möglich, dass auch Merkel es an diesem Tag gern ein wenig zauberhafter gehabt hätte. Gut möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.

Denn natürlich hätte die Christdemokratin ohne viel Federlesens auch mit den Grünen koaliert - und damit Mut zur Innovation an den Tag gelegt, das Risiko des Scheiterns inbegriffen.

Aber genauso selbstverständlich hat sie die Hasenfüßigkeit der Bundesgrünen in den schwarz-grünen Sondierungsgesprächen akzeptiert.

Wer nicht will, der hat schon - es ist dies ein lakonischer Satz. Zur Oberpragmatikerin Merkel passt er gut.

Man darf annehmen, dass sich die Wahlsiegerin vom 22. September ziemlich rasch ziemlich genau darüber im Klaren war, was sich aus dem Ergebnis würde machen lassen und was nicht.

Das Bündnis mit den Grünen wäre zukunftsweisend gewesen, die Neuauflage der Großen Koalition dagegen Graubrot vom Vortag.

Allein, von irgendwas muss der Mensch bekanntlich leben, und im Zweifel sättigt Brot mehr als eine Vision. Dass die Union für das Anrühren des Koalitionsteigs mit der SPD einen Preis würde zahlen müssen: Auch das dürfte Merkel klarer als anderen gewesen sein.

Und so spiegelt nun die dritte von ihr geführte Regierung exakt jenen Politikansatz, der Merkel erst starkgemacht hat. Der Zeitgeist schlägt sozialpolitisch links? Merkel huldigt ihm, indem sie der SPD gerade bei Mindestlohn und Rente Erfolge zugestand.

Ist Liberalität gesellschaftspolitisch das Gebot der Stunde? Die CDU-Vorsitzende verordnet den Unionsparteien ein modernes Staatsbürgerrecht, das den Sozialdemokraten ein Anliegen war.

Dafür halten sie und Wolfgang Schäuble steuer- und finanzpolitisch sowie beim Management der Schuldenkrise in Europa die Zügel weiterhin fest in der Hand, so wie es sich eine überwiegende Mehrheit wünscht.

Die Botschaft ist eindeutig: Wo es wirklich zählt, ist auf Angela Merkel Verlass. Wo sie sich wendet, hat die Kanzlerin wohl ihre Gründe.

So weit muss es Sigmar Gabriels SPD erst mal bringen. Zwar hat die SPD fraglos gut verhandelt.

Doch die anhaltende Euphorie über den geglückten Mitgliederentscheid sollten Gabriel und Co. nicht darüber hinwegtäuschen, dass Millionen Normalbürgern vor allem eines im Gedächtnis bleiben dürfte: dass nämlich die SPD erst nach geschlagenen drei Monaten in Gänze regierungsfähig war.

Das ist nicht das, was auf Sicherheit und Stabilität bedachte Deutsche sonderlich schätzen. Merkel hingegen inszenierte sich vor der Wahl als Kanzlerin, die für Eigenwerbung eigentlich gar keine Zeit hatte, und nach der Wahl regierte sie einfach weiter.

Wenn sie an diesem Mittwoch im Bundestag über den bevorstehenden EU-Gipfel spricht, gibt es nur einen Unterschied: Anstatt geschäftsführend ist sie wieder offiziell im Amt.

Wer das Beständige liebt, ist bei ihr richtig. Aber verheißt dieses Beständige in den nächsten vier Jahren allein schon die richtige Politik? Das ist zumindest ungewisser, als es Merkels Graubrot-Koalition glauben machen will.

Indes hängt der Erfolg einer Regierung auch davon ab, wie klug sie Ungewissheiten begegnet und wie souverän sie auf Unerwartetes reagiert.

Hierin ist Merkel Meisterin.

Leitartikel von Thomas Fricker

Pressekontakt:

Badische Zeitung
Schlussredaktion Badische Zeitung
Telefon: 0761/496-0
redaktion@badische-zeitung.de

Zitiert aus http://www.presseportal.de/pm/59333/2623653/badische-zeitung-schwarz-rot-ist-im-amt-merkels-graubrot-leitartikel-von-thomas-fricker von Harald Hildebrandt, Autor siehe obiger Artikel.


Freiburg (ots) - In Hessen wird wahr, was in Berlin hätte wahr werden können - ein schwarz-grünes Experiment, ein Politikversuch mit offenem Ausgang, aber mit Charme und Chancen.

Der Zauber des Neuen lässt selbst einen Volker Bouffier irgendwie hip erscheinen. Das sagt über die Kraft dieses Zaubers einiges aus.

Im Bundestag war im Vergleich dazu am Dienstag allenfalls ein blasses Funkeln zu sehen.

Ein paar nervös strahlende Gesichter, die Newcomer im Kabinett bei der Vereidigung, ansonsten eine Mischung aus Erschöpfung und Routine und natürlich: dieselbe Prozedur wie schon zwei Mal vorher.

Angela Merkel wurde von der Abgeordnetenmehrheit zur Kanzlerin gewählt. Gut möglich, dass auch Merkel es an diesem Tag gern ein wenig zauberhafter gehabt hätte. Gut möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.

Denn natürlich hätte die Christdemokratin ohne viel Federlesens auch mit den Grünen koaliert - und damit Mut zur Innovation an den Tag gelegt, das Risiko des Scheiterns inbegriffen.

Aber genauso selbstverständlich hat sie die Hasenfüßigkeit der Bundesgrünen in den schwarz-grünen Sondierungsgesprächen akzeptiert.

Wer nicht will, der hat schon - es ist dies ein lakonischer Satz. Zur Oberpragmatikerin Merkel passt er gut.

Man darf annehmen, dass sich die Wahlsiegerin vom 22. September ziemlich rasch ziemlich genau darüber im Klaren war, was sich aus dem Ergebnis würde machen lassen und was nicht.

Das Bündnis mit den Grünen wäre zukunftsweisend gewesen, die Neuauflage der Großen Koalition dagegen Graubrot vom Vortag.

Allein, von irgendwas muss der Mensch bekanntlich leben, und im Zweifel sättigt Brot mehr als eine Vision. Dass die Union für das Anrühren des Koalitionsteigs mit der SPD einen Preis würde zahlen müssen: Auch das dürfte Merkel klarer als anderen gewesen sein.

Und so spiegelt nun die dritte von ihr geführte Regierung exakt jenen Politikansatz, der Merkel erst starkgemacht hat. Der Zeitgeist schlägt sozialpolitisch links? Merkel huldigt ihm, indem sie der SPD gerade bei Mindestlohn und Rente Erfolge zugestand.

Ist Liberalität gesellschaftspolitisch das Gebot der Stunde? Die CDU-Vorsitzende verordnet den Unionsparteien ein modernes Staatsbürgerrecht, das den Sozialdemokraten ein Anliegen war.

Dafür halten sie und Wolfgang Schäuble steuer- und finanzpolitisch sowie beim Management der Schuldenkrise in Europa die Zügel weiterhin fest in der Hand, so wie es sich eine überwiegende Mehrheit wünscht.

Die Botschaft ist eindeutig: Wo es wirklich zählt, ist auf Angela Merkel Verlass. Wo sie sich wendet, hat die Kanzlerin wohl ihre Gründe.

So weit muss es Sigmar Gabriels SPD erst mal bringen. Zwar hat die SPD fraglos gut verhandelt.

Doch die anhaltende Euphorie über den geglückten Mitgliederentscheid sollten Gabriel und Co. nicht darüber hinwegtäuschen, dass Millionen Normalbürgern vor allem eines im Gedächtnis bleiben dürfte: dass nämlich die SPD erst nach geschlagenen drei Monaten in Gänze regierungsfähig war.

Das ist nicht das, was auf Sicherheit und Stabilität bedachte Deutsche sonderlich schätzen. Merkel hingegen inszenierte sich vor der Wahl als Kanzlerin, die für Eigenwerbung eigentlich gar keine Zeit hatte, und nach der Wahl regierte sie einfach weiter.

Wenn sie an diesem Mittwoch im Bundestag über den bevorstehenden EU-Gipfel spricht, gibt es nur einen Unterschied: Anstatt geschäftsführend ist sie wieder offiziell im Amt.

Wer das Beständige liebt, ist bei ihr richtig. Aber verheißt dieses Beständige in den nächsten vier Jahren allein schon die richtige Politik? Das ist zumindest ungewisser, als es Merkels Graubrot-Koalition glauben machen will.

Indes hängt der Erfolg einer Regierung auch davon ab, wie klug sie Ungewissheiten begegnet und wie souverän sie auf Unerwartetes reagiert.

Hierin ist Merkel Meisterin.

Leitartikel von Thomas Fricker

Pressekontakt:

Badische Zeitung
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Telefon: 0761/496-0
redaktion@badische-zeitung.de

Zitiert aus http://www.presseportal.de/pm/59333/2623653/badische-zeitung-schwarz-rot-ist-im-amt-merkels-graubrot-leitartikel-von-thomas-fricker von Harald Hildebrandt, Autor siehe obiger Artikel.






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