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BGH Urteil: Friss oder stirb bei der Fondssanierung?

Datum: Mittwoch, der 18. November 2009 @ 16:52:45 Thema: Deutsche Politik Infos

Die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 10. Oktober 2009 - II ZR 240/08 - wurde heute veröffentlicht.

Karlsruhe/Berlin
Auf diese Entscheidung wartet die Fachwelt seit Wochen. Der BGH hatte zu entscheiden, ob eine Publikumsgesellschaft einen Gesellschafter ausschließen darf, der sich an einer Sanierung nicht beteiligt. Um es kurz zu machen: Das Gericht sagt: Ja, aber... Die Experten des Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz, des größten Interessenverbundes im Bereich Geschlossener Fonds, sehen die Entscheidung grundsätzlich positiv, warnen aber vor zu hoch gesteckten Erwartungen. Einerseits würden nun Blockaden einzelner Fondseigner trotz sinnvoller Sanierung wie in der Vergangenheit deutlich erschwert, andererseits sei die Entscheidung "kein Freibrief für Friss- oder Stirb-Lösungen."
Die Ausgangssituation:
Ein geschlossener Immobilienfonds konnte seine Bankdarlehen nicht mehr bedienen. Er beschloss ein Sanierungskonzept, das eine Kapitalspritze von 4,7 Mio. Euro vorsah, die die Gesellschafter des Fonds aufbringen mussten. Die Bank wollte noch einmal 2,1 Mio. Euro beitragen, sollte der Fonds das Geld zusammenbekommen. Wer bis zu einem bestimmten Termin diesen Nachschuss nicht einzahlte, der wurde automatisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
Wenn ein Gesellschafter aus einer Gesellschaft ausscheidet, dann bekommt er den Wert seines Kapitalanteils ausgezahlt oder er muss selbst etwas an den Fonds bezahlen, wenn der Wert des Gesellschaftsanteils negativ ist. Und so war es hier. Der Fonds hatte Schulden, die den Wert der Immobilie überstiegen - sonst wäre er ja kein Sanierungsfall gewesen.
Der konkrete Fall:
Der Fonds klagte auf Zahlung gegen die Gesellschafter, die sich an der Sanierung nicht beteiligt hatten und sich dann gegen ihren Ausschluss und die Zahlung des negativen Abfindungswertes wehrten. Er unterlag in zwei Instanzen, erst vor dem BGH bekam er Recht. Es gibt einen Grundsatz, der den Untergerichten im Weg stand: In den Kernbereich der Gesellschafterstellung darf nur eingegriffen werden, wenn jeder Gesellschafter zustimmt. Die Mitgliedschaft in der Gesellschaft selbst gehört ganz klar zu diesem geschützten Kernbereich. Es kann also nicht die Mehrheit der Gesellschafter
eine Minderheit durch Mehrheitsbeschluss gleichsam enteignen.
Dieser Grundsatz gilt auch weiter, sagt der BGH. Aber es gibt noch einen anderen Gesichtspunkt, der hier beachtet werden muss. Die Gesellschafter sind sich untereinander zur Treue verpflichtet, man nennt dies die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. Sie dürfen zwar ihre eigenen Interessen verfolgen. Sie müssen aber auch auf die berechtigten Interessen ihrer Mitgesellschafter Rücksicht nehmen.
In den Worten des Gerichts:
»Eine Zustimmungspflicht kommt dann in Betracht, wenn sie mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder auf die bestehenden Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander dringend erforderlich ist und die Änderung des Gesellschaftsvertrages dem Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar ist. »
Um der Argumentation des Gerichts zu folgen, muss man nun die genauen Verhältnisse anschauen:
Der Fonds hatte ca. 10 Mio Euro Schulden. Wäre er insolvent gegangen, hätte jeder Gesellschafter ca. 133 % seines ursprüngliche eingezahlten Kapitals (Eigenkapital) noch einmal zahlen müssen. Wer also 100.000 Euro eingezahlt hatte, wäre mit 133.000 Euro mit dabei gewesen. Das sind keine ungewöhnlichen Zahlen bei geschlossenen Immobilienfonds mit quotaler Haftung der Gesellschafter. Die Sanierung des Fonds war mit 6,7 Mio. Euro möglich gewesen. Die verbleibende Schuld konnte der Fonds aus eigener Kraft bedienen, denn er hatte Mieteinnahmen. Zur Sanierung mussten die Anleger etwa 60 % ihres Eigenkapitals einsetzen. Die Wahl, vor der die Gesellschafter standen, war also: Ein Ende mit Schrecken - 133 % zahlen - oder die Chance, den Fonds weiterzuführen und 60 % zahlen. Die Mehrheit hat sich für das Weiterführen entschieden. Die Gesellschafter, die sich an der Sanierung nicht beteiligten, wurden ausgeschlossen. Die Ausgeschiedenen mussten 120 % ihres Eigenkapital zahlen. Es wurde für sie günstiger als im Fall der Zerschlagung, weil der Fonds von den übrigen Gesellschaftern weitergeführt wurde.
Daraus schloss der BGH: Die Gesellschafter hatten die Wahl, ob sie ins Risiko gehen und sanieren oder ob sie den Fonds beenden wollten. Im einen Fall kostet das 60 %, im anderen 133 %. Wer die 60 % nicht will, muss also notwendig die 133 % wollen. Und dem geschieht kein Unrecht, wenn man ihm nur 120 % nimmt.
Aus diesem Grund waren die Nichtsanierer aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet, ihrem eigenen Ausschluss zuzustimmen.
Und das ist die Meinung der AAA-Experten:
Kerstin Kondert, Vorstand des Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz:
"In der Vergangenheit sind viele sinnvolle Sanierungen gescheitert, weil sich ein Teil der Anleger der Sanierung entgegengestellt hat, in vielen Fällen einfach aus dem Grund, die Zahlungsverpflichtung so weit wie möglich nach hinten zu schieben. Das Urteil hilft allen Anlegern, die den ohnehin schon großen Schaden aus den Fondsbeteiligungen möglichst gering halten wollen."
Thomas Lippert , Vorstand des Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz:
"Der Fall passt nicht auf jede Fonds-Sanierung. Häufig werden keine schlüssigen Sanierungskonzepte vorgelegt, sondern nur weiter Anlegergelder verbrannt. Wenn die Verhältnisse aber so sind wie hier, dann ist es nicht einzusehen, dass die Nicht-Sanierer als lachende Dritte zusehen können, wie ihre Investition ins Geld wächst - auf Kosten anderer."
Dr. Wolfgang Schirp, Partner der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel Neusel:
"Bereits vor Veröffentlichung dieser Entscheidung haben viele Fonds-Verwalter begonnen, die Fonds in diesem Sinne zu sanieren. Die Entscheidung ist aber kein Freibrief für Friss oder Stirb-Lösungen."
Dr. Christian Naundorf, Rechtsanwalt in der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel Neusel:
"Der BGH hatte einen Fall zu entscheiden, in dem Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Fonds außer Frage standen. In den Fällen, in denen das in Frage steht oder in denen konkurrierende Sanierungskonzepte zur Wahl stehen, dürfte die Entscheidung nicht greifen."

Für Rückfragen stehen zur Verfügung:

Dr. Wolfgang Schirp und Tibet Neusel Rechtsanwalt / Fachanwalt für Steuerrecht RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel Neusel Dorotheenstraße 3 10117 Berlin
Sekretariat: Frau Schnur Tel.: 030/327 617-34 Fax: 030/327 617-17
Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz ist seit 2002 ein eingetragener Verein und mit aktuell knapp 4.000 Mitgliedern der größte Anlegerschutz-Verein im Bereich Geschlossener Fonds in Deutschland. In einer Sammelklage wegen der Fonds der einstigen Bankgesellschaft Berlin konnte der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz Zahlungen der Landesseite von fast 2 Milliarden Euro erzwingen; dies war die bisher höchste Schadensersatzsumme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.aktionsbund.de .
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V.
Thomas Lippert
Knesebeckstraße 83
10623 Berlin
030-31519340
030-315193420
www.aktionsbund.de

Pressekontakt:
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz
Thomas Lippert
Knesebeckstraße 83
10623
Berlin
presse@aktionsbund.de
030-31519340
http://aktionsbund.de



Die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 10. Oktober 2009 - II ZR 240/08 - wurde heute veröffentlicht.

Karlsruhe/Berlin
Auf diese Entscheidung wartet die Fachwelt seit Wochen. Der BGH hatte zu entscheiden, ob eine Publikumsgesellschaft einen Gesellschafter ausschließen darf, der sich an einer Sanierung nicht beteiligt. Um es kurz zu machen: Das Gericht sagt: Ja, aber... Die Experten des Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz, des größten Interessenverbundes im Bereich Geschlossener Fonds, sehen die Entscheidung grundsätzlich positiv, warnen aber vor zu hoch gesteckten Erwartungen. Einerseits würden nun Blockaden einzelner Fondseigner trotz sinnvoller Sanierung wie in der Vergangenheit deutlich erschwert, andererseits sei die Entscheidung "kein Freibrief für Friss- oder Stirb-Lösungen."
Die Ausgangssituation:
Ein geschlossener Immobilienfonds konnte seine Bankdarlehen nicht mehr bedienen. Er beschloss ein Sanierungskonzept, das eine Kapitalspritze von 4,7 Mio. Euro vorsah, die die Gesellschafter des Fonds aufbringen mussten. Die Bank wollte noch einmal 2,1 Mio. Euro beitragen, sollte der Fonds das Geld zusammenbekommen. Wer bis zu einem bestimmten Termin diesen Nachschuss nicht einzahlte, der wurde automatisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
Wenn ein Gesellschafter aus einer Gesellschaft ausscheidet, dann bekommt er den Wert seines Kapitalanteils ausgezahlt oder er muss selbst etwas an den Fonds bezahlen, wenn der Wert des Gesellschaftsanteils negativ ist. Und so war es hier. Der Fonds hatte Schulden, die den Wert der Immobilie überstiegen - sonst wäre er ja kein Sanierungsfall gewesen.
Der konkrete Fall:
Der Fonds klagte auf Zahlung gegen die Gesellschafter, die sich an der Sanierung nicht beteiligt hatten und sich dann gegen ihren Ausschluss und die Zahlung des negativen Abfindungswertes wehrten. Er unterlag in zwei Instanzen, erst vor dem BGH bekam er Recht. Es gibt einen Grundsatz, der den Untergerichten im Weg stand: In den Kernbereich der Gesellschafterstellung darf nur eingegriffen werden, wenn jeder Gesellschafter zustimmt. Die Mitgliedschaft in der Gesellschaft selbst gehört ganz klar zu diesem geschützten Kernbereich. Es kann also nicht die Mehrheit der Gesellschafter
eine Minderheit durch Mehrheitsbeschluss gleichsam enteignen.
Dieser Grundsatz gilt auch weiter, sagt der BGH. Aber es gibt noch einen anderen Gesichtspunkt, der hier beachtet werden muss. Die Gesellschafter sind sich untereinander zur Treue verpflichtet, man nennt dies die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. Sie dürfen zwar ihre eigenen Interessen verfolgen. Sie müssen aber auch auf die berechtigten Interessen ihrer Mitgesellschafter Rücksicht nehmen.
In den Worten des Gerichts:
»Eine Zustimmungspflicht kommt dann in Betracht, wenn sie mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder auf die bestehenden Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander dringend erforderlich ist und die Änderung des Gesellschaftsvertrages dem Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar ist. »
Um der Argumentation des Gerichts zu folgen, muss man nun die genauen Verhältnisse anschauen:
Der Fonds hatte ca. 10 Mio Euro Schulden. Wäre er insolvent gegangen, hätte jeder Gesellschafter ca. 133 % seines ursprüngliche eingezahlten Kapitals (Eigenkapital) noch einmal zahlen müssen. Wer also 100.000 Euro eingezahlt hatte, wäre mit 133.000 Euro mit dabei gewesen. Das sind keine ungewöhnlichen Zahlen bei geschlossenen Immobilienfonds mit quotaler Haftung der Gesellschafter. Die Sanierung des Fonds war mit 6,7 Mio. Euro möglich gewesen. Die verbleibende Schuld konnte der Fonds aus eigener Kraft bedienen, denn er hatte Mieteinnahmen. Zur Sanierung mussten die Anleger etwa 60 % ihres Eigenkapitals einsetzen. Die Wahl, vor der die Gesellschafter standen, war also: Ein Ende mit Schrecken - 133 % zahlen - oder die Chance, den Fonds weiterzuführen und 60 % zahlen. Die Mehrheit hat sich für das Weiterführen entschieden. Die Gesellschafter, die sich an der Sanierung nicht beteiligten, wurden ausgeschlossen. Die Ausgeschiedenen mussten 120 % ihres Eigenkapital zahlen. Es wurde für sie günstiger als im Fall der Zerschlagung, weil der Fonds von den übrigen Gesellschaftern weitergeführt wurde.
Daraus schloss der BGH: Die Gesellschafter hatten die Wahl, ob sie ins Risiko gehen und sanieren oder ob sie den Fonds beenden wollten. Im einen Fall kostet das 60 %, im anderen 133 %. Wer die 60 % nicht will, muss also notwendig die 133 % wollen. Und dem geschieht kein Unrecht, wenn man ihm nur 120 % nimmt.
Aus diesem Grund waren die Nichtsanierer aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet, ihrem eigenen Ausschluss zuzustimmen.
Und das ist die Meinung der AAA-Experten:
Kerstin Kondert, Vorstand des Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz:
"In der Vergangenheit sind viele sinnvolle Sanierungen gescheitert, weil sich ein Teil der Anleger der Sanierung entgegengestellt hat, in vielen Fällen einfach aus dem Grund, die Zahlungsverpflichtung so weit wie möglich nach hinten zu schieben. Das Urteil hilft allen Anlegern, die den ohnehin schon großen Schaden aus den Fondsbeteiligungen möglichst gering halten wollen."
Thomas Lippert , Vorstand des Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz:
"Der Fall passt nicht auf jede Fonds-Sanierung. Häufig werden keine schlüssigen Sanierungskonzepte vorgelegt, sondern nur weiter Anlegergelder verbrannt. Wenn die Verhältnisse aber so sind wie hier, dann ist es nicht einzusehen, dass die Nicht-Sanierer als lachende Dritte zusehen können, wie ihre Investition ins Geld wächst - auf Kosten anderer."
Dr. Wolfgang Schirp, Partner der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel Neusel:
"Bereits vor Veröffentlichung dieser Entscheidung haben viele Fonds-Verwalter begonnen, die Fonds in diesem Sinne zu sanieren. Die Entscheidung ist aber kein Freibrief für Friss oder Stirb-Lösungen."
Dr. Christian Naundorf, Rechtsanwalt in der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel Neusel:
"Der BGH hatte einen Fall zu entscheiden, in dem Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Fonds außer Frage standen. In den Fällen, in denen das in Frage steht oder in denen konkurrierende Sanierungskonzepte zur Wahl stehen, dürfte die Entscheidung nicht greifen."

Für Rückfragen stehen zur Verfügung:

Dr. Wolfgang Schirp und Tibet Neusel Rechtsanwalt / Fachanwalt für Steuerrecht RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel Neusel Dorotheenstraße 3 10117 Berlin
Sekretariat: Frau Schnur Tel.: 030/327 617-34 Fax: 030/327 617-17
Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz ist seit 2002 ein eingetragener Verein und mit aktuell knapp 4.000 Mitgliedern der größte Anlegerschutz-Verein im Bereich Geschlossener Fonds in Deutschland. In einer Sammelklage wegen der Fonds der einstigen Bankgesellschaft Berlin konnte der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz Zahlungen der Landesseite von fast 2 Milliarden Euro erzwingen; dies war die bisher höchste Schadensersatzsumme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.aktionsbund.de .
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V.
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10623 Berlin
030-31519340
030-315193420
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