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Reichstagsbrand 1933, Kirow-Mord 1934, Geheimprotokoll 1939, Katyn 1940, Kennedy-Attentat 1963, Lamberz-Absturz 1978, Terroranschlag 9/11 2001, Flugzeugabsturz bei Smolensk 2010 ...:
Verschwörungstheorien: Kranke Kopfgeburten oder ernsthafte Versuche, überraschende Ereignisse und Wendungen in der Geschichte/Politik zu erklären?

Datum: Mittwoch, der 06. März 2019 @ 08:21:30 Thema: Deutsche Politik Infos

Zum Begriff Verschwörungstheorie schreibt die Online-Enzyklopädie Wikipedia: "Als Verschwörungstheorie wird im weitesten Sinne der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem meist illegalen oder illegitimen Zweck.
In der Forschungsliteratur werden häufig Verschwörungshypothesen, die rationale, überprüfbare und falsifizierbare Aussagen über angenommene Verschwörungen machen, von Verschwörungsideologien unterschieden, die ihre stereotypen und monokausalen Vorstellungen über Verschwörungen gegen kritische Revision immunisieren. In diesem Sinne wird der Begriff Verschwörungstheorie zumeist kritisch oder abwertend verwendet." (Zitat [01], Hervorhebung durch den Autor!)

Letzteres wird u.a. vom Kieler Psychologie-Professor Rainer Mausfeld kritisch gewertet, der Begriff Verschwörungstheorie wird oft diskreditierend als Klammerbegriff verschiedenartigster Inhalte verwendet, was die inhaltliche Beschäftigung und Auseinandersetzung mit unerwünschten Fragestellungen verhindern soll [02].

Jahrzehntelang als Verschwörungstheorien diskreditierte Verschwörungshypothesen waren beispielsweise

- das Geheime Zusatzprotokoll zum Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt) von 1939, siehe [03] und

- das Massaker von Katyn 1940, siehe [04].

Von Tatbeteiligten und -profiteuren aus der Führung der KPdSU als Lügen verleumdet, wurden sie dann Ende des vorigen Jahrhunderts als zutreffend bestätigt.

Bis zum heutigen Tage unbestätigte Verschwörungshypothesen gibt es beispielsweise zum

- Reichstagsbrand 1933,
- Kirow-Mord 1934,
- Kennedy-Attentat 1963,
- Lamberz-Absturz 1978,
- Terroranschlag 9/11 2001,
- Flugzeugabsturz bei Smolensk 2010 .

Insbesondere beim Reichstagsbrand 1933 und beim Kirow-Mord 1934 sind die Motive der Nutznießer Hitler und Stalin so überzeugend und viele Begleitumstände der Tat so fragwürdig, dass ein Beleg ihrer Urheberschaft, die bis heute nicht bewiesen werden konnte, nicht überraschend käme.

Aus der jüngeren deutschen Geschichte soll hier die sogenannte "Kanzlerakte" genannt werden, deren Existenz im Sinne eines die Souveränität beschränkenden Staatsvertrages bestritten wird [05] und bis heute auch nicht nachgewiesen werden konnte.
Eine weitgehende inhaltliche Entsprechung findet sich jedoch bei Briefen der drei Westalliierten, die den (west)deutschen Bundeskanzlern Einschränkungen der Souveränität vorschrieben (Bestätigung durch Egon Bahr in seinem Artikel vom 14. Mai 2009, [06]).

Die bekannteste Verschwörungshypothese aus DDR-Zeiten dürfte den überraschenden Tod von SED-Politbüromitglied Werner Lamberz betreffen.

Lamberz, dessen Todestag sich heute zum 41. Mal jährt, war einer der beliebtesten und auch begabtesten Politiker der DDR. Er war intelligent und schlagfertig, sprach wohl mindestens 12 Sprachen und beherrschte als einer der wenigen führenden DDR-Politiker die freie Rede [07].

Seinem ehemaligen Schulkameraden bescheinigte kein geringerer als Schauspiel-Größe Mario Adorf: "Er war einer der geradesten Charaktere" ([08], siehe auch [09]).

Bei der jährlichen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration in Berlin ist das Grabmal von Werner Lamberz in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg bis heute die am meisten mit Blumen geschmückte Grabstätte eines DDR-Politikers.

Werner Lamberz machte im Windschatten von Erich Honecker, seinem Mentor seit frühen FDJ-Zeiten, Parteikarriere.

Nach der Entmachtung des damaligen Ersten Sekretärs des ZK der SED Walter Ulbricht 1971 durch Honecker (zu der Lamberz durch seine während seines geheimen Moskau-Fluges erfolgte Abstimmung mit der KPdSU-Führung wesentlich beigetragen hatte) galt er als Honeckers engster Vertrauter und "Kronprinz", faktisch als Generalsekretär in Warteposition [07].

Der Spiegel präsentierte Werner Lamberz 1976 auch für den Westen als Honeckers "Kronprinzen" [07] - mit einem Kronprinzen (und damit Nachfolgekandidaten) tat sich Honecker aber ähnlich schwer wie später dann mit Egon Krenz oder wie Helmut Kohl mit Wolfgang Schäuble - Kronprinzen werden von solchen Polit-Alphatieren nicht selten zuallererst als Bedrohung der eigenen Macht empfunden.

Kronprinz Honeckers [siehe auch ([10] und [11]) war Lamberz da aber wohl schon nicht mehr. Dies nicht zuletzt auch wegen des Auftretens von Honecker nicht mehr als Erster unter Gleichen, sondern als Erster vor allen Anderen - wie es in den anderen stalinistisch geprägten Staaten des realen Sozialismus üblich war. Dies fand u.a. auch in der 1976 erfolgten Änderung der Funktionsbezeichnung von Honecker als "Erster Sekretär" in "Generalsekretär" seinen Ausdruck.

Auch die Herausstellung von Lamberz als "Kronprinz" durch den Spiegel dürfte dem Ansehen des intelligenten und redegewandten Lamberz bei Honecker (der gerade darin zwei seiner wesentlichen öffentlichkeitswirksamen Defizite hatte) nicht förderlich gewesen sein.

Unterschiedliche Bewertungen und Herangehensweisen von Lamberz und Honecker wurden 1976 beispielsweise mit Honeckers Rede zum 30. Jahrestag der Bodenreform sichtbar: Der SED-Generalsekretär versicherte, die berechtigten Konsumwünsche der Werktätigen in der DDR würden weder geringgeschätzt noch gleichgesetzt mit spießerhaften Ideologien [12].

Damit wollte Honecker offenbar eine Mahnung von Werner Lamberz relativieren, der sich zuvor gegen "unrealistische Vorstellungen vom individuellen Konsum" gewandt und damit einige Unruhe in der DDR erzeugt hatte [ebenda].

Werner Lamberz hatte sich wohl als einziges Politbüro-Mitglied die Fähigkeit und den Mut bewahrt, mit Kritikern der Politik der SED-Führung offen und aufrichtig zu sprechen anstatt dafür zu sorgen, dass diese mit den üblichen Methoden von Partei und Staat repressiert werden: Dies belegt das von Manfred Krug wiedergegebene Gespräch von Werner Lamberz mit elf namhaften DDR-Künstlern, die Kritiker der Ausbürgerung von Wolfgang Biermann nach einem Konzert in der BRD waren [13, S.17 ff].

Im letzen Gespräch von Werner Lamberz und Manfred Krug wurde die Übergabe des Tagebuchs von Manfred Krug (32 Tage von Antragstellung bis zur Ausreise) mit allen Eindrücken zu Schikanen und Stimmungsmache gegen ihn und die Künstler, die die Bierman-Petition unterzeichnet hatten, vereinbart.

Es endete mit folgenden Worten: "Auf Wiedersehen, Manfred." "Auf Wiedersehen, Werner." [13, S.251].

Dass Lamberz den Weggang von Krug als traurigen und unnötigen Verlust empfunden hat, dürfte nach der Lektüre dieses Tagebuches unstrittig sein. Lamberz bejahte, dass es in der Parteiführung Personen gab, die Krug als Feind sahen, er gehöre aber nicht dazu [13, S.249].

Es darf auch angenommen werden, dass es hierzu zwischen Lamberz und Honecker zu harten Auseinandersetzungen um den richtigen Kurs gegenüber den DDR-Künstlern gekommen ist. Der offensichtliche Verdacht von Lamberz auf Abhörung der Gespräche durch die Staatssicherheit dürfte diese gefördert haben:
Die Frage von Lamberz an Krug nach einem Mitschnitt des Gesprächs von Lamberz mit den Künstlern hatte vermutlich Vorhaltungen im Politbüro zum Anlass, die auf Abhöraktionen der Staatssicherheit gegenüber den Künstlern und auch gegenüber Werner Lamberz basierten [13, S.251].

Bespitzelt wurde beispielsweise auch DDR-Verteidigungsminister Heinz Hoffmann [14] und auch Egon Krenz schloss später die Möglichkeit nicht aus, von der Staatssicherheit abgehört worden zu sein [15, S.124]. Die erst 2012 aufgefundene Hoffmann-Akte belegt, dass die Stasi SED-Spitzenfunktionäre nicht nur mit Sondergenehmigung der Parteiführung überwachte, eine solche Genehmigung lag im Fall Hoffmann nicht vor.

Es gibt das Gerücht, dass Lamberz und Honecker sich in den letzten Jahren spinnefeind gewesen seien und auch kein persönliches Wort mehr miteinander gesprochen hätten. Sohn Ulrich Lamberz datiert einen Bruch zwischen Lamberz und Honecker bereits auf etwa 1973/74 [16]. Auch mit Wirtschaftssekretär Günter Mittag habe sein Vater Ärger gehabt [ebenda].

Krug konstatiert zum Schluss seines Buches lakonisch: "Knapp ein halbes Jahr später, am 6. März 1978, stürzte Lamberz während eines Staatsbesuchs in der Libyschen Arabischen Volksyamahiriya mit einem Hubschrauber ab und verunglückte tödlich" [13, S.252].

Zum Absturz kursierten neben der offiziellen Version (technische Mängel des Hubschraubers, schlecht ausgebildete Piloten) sehr schnell und bis heute viele und zum Teil auch sehr unterschiedliche Gerüchte, so beispielsweise

- Honecker hätte Lamberz als gefährlichen Rivalen um die Macht aus dem Weg räumen lassen, der Unfall wäre deshalb von der Staatssicherheit arrangiert worden,

- der sowjetische Geheimdienst KGB könnte Lamberz aus dem Weg geräumt haben [08], weil er der Afrika-Politik der Sowjetunion (Somalia / Äthiopien) in die Quere kam [siehe auch 17],

- der Hubschrauber sei durch eine Rakete von Rebellen getroffen worden, die dem Gastgeber Gaddafi gegolten hätte.

Mitarbeiter des Personenschutzes des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zeigten sich auch später noch verwundert, vor dem Abflug des Helikopters mit Lamberz von seinem Schutz abgezogen worden zu sein.
Für die Absicherung der Politbüro-Mitglieder (auch im Ausland) war nicht die Hauptverwaltung Aufklärung unter Markus Wolf, sondern die Hauptabteilung Personenschutz (HA PS) unter Günter Wolf zuständig, der direkt Minister Erich Mielke unterstand. Günter Wolf erhielt 1979 den Vaterländischen Verdienstorden in Gold [18].

Julij A. Kwizinskij wiederum berichtet davon, dass die sowjetische Führung direkte Informanten im Politbüro der SED hatte, die seit Mitte der 70er Jahre von immer ungenierteren und abschätzigeren Bemerkungen Honeckers über den damaligen KPdSU-Generalsekretär Breshnew berichteten [19, S. 263].

Kwizinskij schreibt weiter: "Manche von denen, die versucht hatten, Moskau zum Eingreifen zu bewegen, kamen unter sonderbaren Umständen ums Leben" - und damit dürfte er auch Werner Lamberz gemeint haben [ebenda].

Am 24. August 2009 berichtete bz-berlin.de von einer Obduktion der Leichen von Werner Lamberz, Paul Markowski, Armin Ernst und Hans-Joachim Spremberg durch Prof. Dr. Otto Prokop (wobei diesem aber die Identität der Leichen wohl nicht bekannt gegeben worden war) [20]. Prof. Prokop vermerkte so lediglich: "Vier hochgradig verkohlte männliche Torsos".

Es wurde berichtet, dass Erich Honecker den libyschen Untersuchungsbericht zum Hubschrauber-Absturz wie auch den Obduktionsbericht des Gerichtsmedizinischen Institutes der Humboldt-Universität im Politbüro in Umlauf geben ließ.

Rechtsmedizinprofessor Wolfgang Keil gibt Jahre später jedoch an, an der Obduktion der Überreste des Absturzes teilgenommen zu haben - bei der sei aber nichts von Werner Lamberz gefunden worden [21].

Was enthielt dann aber der von Honecker in Umlauf gegebene Obduktionsbericht an Aussagen zu Werner Lamberz?

Werner Lamberz bekam ein Staatsbegräbnis und seine (leere?) Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt.

Georg Melzer, letzter Chauffeur von Margot Honecker, machte auch ihr gegenüber keinen Hehl aus seiner Meinung, "dass Lamberz einem Komplott zum Opfer gefallen sei. Margot hat mir nie widersprochen, nur geschwiegen" [22].

Dass der nicht gerade für Empathie bekannte Staatssicherheitschef Mielke sich nach dem Tod persönlich sehr um die Familie Lamberz gekümmert und immer wieder nachgefragt hat, ob er helfen könne, verwundert schon [16].

Der Autor Jan Eik schließt jedoch nach umfangreichen Recherchen [23] aus, daß es sich um ein von der Staatssicherheit gesteuertes Komplott gegen Lamberz gehandelt haben könnte, hält aber ein auf den nicht mitfliegenden Ghaddafi gerichtetes Attentat seitens rivalisierender Gruppen für möglich [24].

Von Eik unerwähnt bleibt die von Florian Havemann (Sohn des bekannten DDR-Regimekritikers Robert Havemann und späterer Verfassungsrichter des Landes Brandenburg) 2007 mitgeteilte sexuelle Romanze von Margot Honecker und Wolfgang Biermann ([25 S. 201], siehe auch [26]), die auch der damaligen Szene im "Haus der Jungen Talente" in Ostberlin bekannt gewesen sein soll. Margot Honecker soll Biermann auch am letzten Abend vor dem Konzert aufgesucht haben. Dies mag man ungläubig zur Kenntnis nehmen.

In ihrem letzten Interview bestreitet Margot Honecker jedoch ausdrücklich eine solche Beziehung, ohne daraufhin überhaupt angesprochen worden zu sein[27, S. 150]. Das verstärkt aber eher den Zweifel daran, dass es eine solche Beziehung nicht gegeben hat.

Es ist bekannt, dass Margot Honecker von der Staatssicherheit überwacht wurde und sie sich dieser immer wieder zu entziehen suchte. Dass diese Überwachung auch die Affäre von Margot Honecker mit Wolfgang Biermann offenbart haben könnte, ist wahrscheinlich.

Biermann gab am 13.11.1976 in Köln sein SED-kritisches Konzert, noch in der Sitzung des Sekretariats des ZK der SED am 15.11.1976 spielte dieses Konzert aber keine Rolle [28, S. 60].

Vor diesem Hintergrund erscheint der von Generalsekretär Erich Honecker überstürzt initiierte Ausweisungsbeschluss des Politbüros der SED vom 16.11.1976 (Honecker selbst brachte überraschend den zusätzlichen Tagesordnungspunkt Vier zur Aberkennung der Staatsbürgerschaft Biermanns ein) eher als "Rache des gehörnten Ehemannes" denn als politische Bestrafung eines unbotmäßigen Liedermachers (siehe auch [28, S. 68 ff], Protokoll der Politbüro-Sitzung].

Dass Lamberz einen solchen persönlichen Rachefeldzug Honeckers (der als Folge eine tiefe Krise im Verhältnis von SED-Führung und DDR-Intelligenz auslöst) akzeptiert und sich darüber nicht erbittert mit ihm auseinandergesetzt hätte, ist kaum vorstellbar.

Eine solche Auseinandersetzung wäre aber eine starke Bedrohung für die Führungsrolle Erich Honeckers gewesen - ein drängendes Motiv für die Beseitigung von Lamberz durch Honecker und dem auch Lamberz überwachenden Staatssicherheitschef Mielke (siehe das Gespräch von Lamberz mit den DDR-Künstlern [13, S.251]).

Letztlich gibt es viele unstimmige Momente und viele Fragen bleiben offen, die möglicherweise nie beantwortet werden.


Quellen:

[01] Verschwörungstheorie bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Verschw%C3%B6rungstheorie

[02] Rainer Mausfeld: Neue Wege des Demokratiemanagements bei Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=1x8x9NokCZ0

[03] Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt) bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-sowjetischer_Nichtangriffspakt

[04] Massaker von Katyn bei Wikipedia: hhttps://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Katyn

[05] Zur "Kanzlerakte" bei direktzu.de: https://www.direktzu.de/kanzlerin/messages/mussten-sie-diese-kanzlerakte-unterzeichnen-13569

[06] Zur Einschränkungen der Souveränität Deutschlands nach 1945 bei Zeit.de: http://www.zeit.de/2009/21/D-Souveraenitaet

[07] Der war der geborene Führer bei spiegel.de: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41213407.html

[08] Mario Adorf zu Werner Lamberz auf Spiegel.de:http://www.spiegel.de/fotostrecke/werner-lamberz-der-tod-des-ddr-kronprinzen-fotostrecke-158935-13.html

[09] Zum Tod des Rheinländers, Kommunisten und DDR-Politikers Werner Lamberz bei Deutsche-Politik-News.de: http://www.deutsche-politik-news.de/modules.php?name=News&file=article&sid=221062

[10] Werner Lamberz bei ddr-wissen.de: http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Werner_Lamberz

[11] Stichtag 6. März 1978 - Tod des DDR-Politikers Werner Lamberz bei wdr.de: http://www1.wdr.de/stichtag7334.html (Stand vom 6.3.2013)

[12] Märchen vom kurzen Hemd bei zeit.de: http://www.zeit.de/1975/39/maerchen-vom-kurzen-hemd

[13] Manfred Krug: Abgehauen: Ein Mitschnitt und ein Tagebuch, ECON Verlag GmbH Düsseldorf, 9. Auflage 1996, ISBN-10: 3548365930

[14] Bespitzellung von DDR-Verteidigungsminister Heinz Hoffmann auf Spiegel.de: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/stasi-bericht-orgie-und-saufgelage-bei-ddr-minister-heinz-hoffmann-a-825032.html

[15] Egon Krenz: Wenn Mauern fallen Die Friedliche Revolution: Vorgeschichte, Ablauf, Auswirkungen Paul Neff Verlag, Wien, 1990, ISBN 10: 3701403015

[16] Interview mit Sohn Ulrich Lamberz im ND: https://www.neues-deutschland.de/artikel/56376.die-dinge-vernuenftig-klaeren.html



[17] Charité-Rechtsmediziner Gunther Geserick wird 65 und zieht Bilanz: http://www.berliner-kurier.de/charit%C3%A9-rechtsmediziner-gunther-geserick-wird-65-und-zieht-bilanz-auf-du-und-du-mit-dem-tod-21894474

[18] Günter Wolf (General) bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Wolf_(General)

[19] Julij A. Kwizinskij: Vor dem Sturm Erinnerungen eines Diplomaten, Siedler Verlag Berlin, 1. Auflage 1993, ISBN: 3886804641

[20] Zur Obduktion der Leichen von Werner Lamberz, Paul Markowski, Armin Ernst und Hans-Joachim Spremberg durch Prof. Dr. Otto Prokop auf bz-berlin.de: http://www.bz-berlin.de/artikel-archiv/so-starb-honeckers-kronprinz-wirklich

[21] Josef Seitz: "Wahrheit gibt Zufriedenheit". Interview mit Rechtsmedizinprofessor Wolfgang Keil. Focus Nr. 30 vom 26. 07. 2010: http://www.focus.de/magazin/archiv/menschen-wahrheit-gibt-zufriedenheit_aid_534250.html

[22] Georg Melzer zu Margot Honecker bei Bild.de: http://www.bild.de/politik/2010/chauffeur/chauffeur-packt-aus-teil-zwei-15267430.bild.html

[23] Jan Eik: Besondere Vorkommnisse Politische Affären und Attentate, Verlag Das Neue Berlin, 3., veränderte Auflage 2006, ISBN: 3360007662

[24] Der Krimi-Autor Jan Eik durchleuchtet Fälle besonderer Art: "Politische Affären und Attentate" bei berliner-zeitung.de: http://www.berliner-zeitung.de/der-krimi-autor-jan-eik-durchleuchtet-faelle-besonderer-art---politische-affaeren-und-attentate--aufsehenerregende-schicksale-in-der-ddr-17293176

[25] Florian Havemann: Havemannn, Verlag: Suhrkamp; Auflage: 1. (1. Januar 2008), ISBN-10: 3518419498, ISBN-13: 978-3518419496

[26] Florian Havemann bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Florian_Havemann

[27] Nils Ole Oermann: Zum Westkaffee bei Margot Honecker: Letzte Begegnungen mit einer Unbeirrten, Verlag: HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH (27. Juni 2016), ISBN-10: 3455504256, ISBN-13: 978-3455504255

[28] In Sachen Biermann: Protokolle, Berichte und Briefe zu den Folgen einer Ausbürgerung, Verlag: Links, Ch; Auflage: 1. Auflage, (1994), ISBN-10: 3861530708, ISBN-13: 978-3861530701

Videos:

Westend Verlag / Rainer Mausfeld: Neue Wege des Demokratiemanagements
(Youtube-Video, Standard-YouTube-Lizenz, 12.02.2019):

Zitat: "Vortrag und Diskussion mit Rainer Mausfeld, Autor des Buchs "Warum schweigen die Lämmer?""




Kalender blatt / DLF 06.03.2018 Vor 40 Jahren DDR-Politiker verunglückte bei Hubschrauber-Absturz
(Youtube-Video, Standard-YouTube-Lizenz, 28.04.2018):

Zitat: "In der verknöcherten DDR-Nomenklatura galt er lange als Hoffnungsträger: Werner Lamberz wirkte jung, offen und aufgeschlossen. Manche handelten ihn sogar als Kronprinzen Erich Honeckers – doch am 6. März 1978 verunglückte Lamberz tödlich in Libyen."




Zum Begriff Verschwörungstheorie schreibt die Online-Enzyklopädie Wikipedia: "Als Verschwörungstheorie wird im weitesten Sinne der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem meist illegalen oder illegitimen Zweck.
In der Forschungsliteratur werden häufig Verschwörungshypothesen, die rationale, überprüfbare und falsifizierbare Aussagen über angenommene Verschwörungen machen, von Verschwörungsideologien unterschieden, die ihre stereotypen und monokausalen Vorstellungen über Verschwörungen gegen kritische Revision immunisieren. In diesem Sinne wird der Begriff Verschwörungstheorie zumeist kritisch oder abwertend verwendet." (Zitat [01], Hervorhebung durch den Autor!)

Letzteres wird u.a. vom Kieler Psychologie-Professor Rainer Mausfeld kritisch gewertet, der Begriff Verschwörungstheorie wird oft diskreditierend als Klammerbegriff verschiedenartigster Inhalte verwendet, was die inhaltliche Beschäftigung und Auseinandersetzung mit unerwünschten Fragestellungen verhindern soll [02].

Jahrzehntelang als Verschwörungstheorien diskreditierte Verschwörungshypothesen waren beispielsweise

- das Geheime Zusatzprotokoll zum Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt) von 1939, siehe [03] und

- das Massaker von Katyn 1940, siehe [04].

Von Tatbeteiligten und -profiteuren aus der Führung der KPdSU als Lügen verleumdet, wurden sie dann Ende des vorigen Jahrhunderts als zutreffend bestätigt.

Bis zum heutigen Tage unbestätigte Verschwörungshypothesen gibt es beispielsweise zum

- Reichstagsbrand 1933,
- Kirow-Mord 1934,
- Kennedy-Attentat 1963,
- Lamberz-Absturz 1978,
- Terroranschlag 9/11 2001,
- Flugzeugabsturz bei Smolensk 2010 .

Insbesondere beim Reichstagsbrand 1933 und beim Kirow-Mord 1934 sind die Motive der Nutznießer Hitler und Stalin so überzeugend und viele Begleitumstände der Tat so fragwürdig, dass ein Beleg ihrer Urheberschaft, die bis heute nicht bewiesen werden konnte, nicht überraschend käme.

Aus der jüngeren deutschen Geschichte soll hier die sogenannte "Kanzlerakte" genannt werden, deren Existenz im Sinne eines die Souveränität beschränkenden Staatsvertrages bestritten wird [05] und bis heute auch nicht nachgewiesen werden konnte.
Eine weitgehende inhaltliche Entsprechung findet sich jedoch bei Briefen der drei Westalliierten, die den (west)deutschen Bundeskanzlern Einschränkungen der Souveränität vorschrieben (Bestätigung durch Egon Bahr in seinem Artikel vom 14. Mai 2009, [06]).

Die bekannteste Verschwörungshypothese aus DDR-Zeiten dürfte den überraschenden Tod von SED-Politbüromitglied Werner Lamberz betreffen.

Lamberz, dessen Todestag sich heute zum 41. Mal jährt, war einer der beliebtesten und auch begabtesten Politiker der DDR. Er war intelligent und schlagfertig, sprach wohl mindestens 12 Sprachen und beherrschte als einer der wenigen führenden DDR-Politiker die freie Rede [07].

Seinem ehemaligen Schulkameraden bescheinigte kein geringerer als Schauspiel-Größe Mario Adorf: "Er war einer der geradesten Charaktere" ([08], siehe auch [09]).

Bei der jährlichen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration in Berlin ist das Grabmal von Werner Lamberz in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg bis heute die am meisten mit Blumen geschmückte Grabstätte eines DDR-Politikers.

Werner Lamberz machte im Windschatten von Erich Honecker, seinem Mentor seit frühen FDJ-Zeiten, Parteikarriere.

Nach der Entmachtung des damaligen Ersten Sekretärs des ZK der SED Walter Ulbricht 1971 durch Honecker (zu der Lamberz durch seine während seines geheimen Moskau-Fluges erfolgte Abstimmung mit der KPdSU-Führung wesentlich beigetragen hatte) galt er als Honeckers engster Vertrauter und "Kronprinz", faktisch als Generalsekretär in Warteposition [07].

Der Spiegel präsentierte Werner Lamberz 1976 auch für den Westen als Honeckers "Kronprinzen" [07] - mit einem Kronprinzen (und damit Nachfolgekandidaten) tat sich Honecker aber ähnlich schwer wie später dann mit Egon Krenz oder wie Helmut Kohl mit Wolfgang Schäuble - Kronprinzen werden von solchen Polit-Alphatieren nicht selten zuallererst als Bedrohung der eigenen Macht empfunden.

Kronprinz Honeckers [siehe auch ([10] und [11]) war Lamberz da aber wohl schon nicht mehr. Dies nicht zuletzt auch wegen des Auftretens von Honecker nicht mehr als Erster unter Gleichen, sondern als Erster vor allen Anderen - wie es in den anderen stalinistisch geprägten Staaten des realen Sozialismus üblich war. Dies fand u.a. auch in der 1976 erfolgten Änderung der Funktionsbezeichnung von Honecker als "Erster Sekretär" in "Generalsekretär" seinen Ausdruck.

Auch die Herausstellung von Lamberz als "Kronprinz" durch den Spiegel dürfte dem Ansehen des intelligenten und redegewandten Lamberz bei Honecker (der gerade darin zwei seiner wesentlichen öffentlichkeitswirksamen Defizite hatte) nicht förderlich gewesen sein.

Unterschiedliche Bewertungen und Herangehensweisen von Lamberz und Honecker wurden 1976 beispielsweise mit Honeckers Rede zum 30. Jahrestag der Bodenreform sichtbar: Der SED-Generalsekretär versicherte, die berechtigten Konsumwünsche der Werktätigen in der DDR würden weder geringgeschätzt noch gleichgesetzt mit spießerhaften Ideologien [12].

Damit wollte Honecker offenbar eine Mahnung von Werner Lamberz relativieren, der sich zuvor gegen "unrealistische Vorstellungen vom individuellen Konsum" gewandt und damit einige Unruhe in der DDR erzeugt hatte [ebenda].

Werner Lamberz hatte sich wohl als einziges Politbüro-Mitglied die Fähigkeit und den Mut bewahrt, mit Kritikern der Politik der SED-Führung offen und aufrichtig zu sprechen anstatt dafür zu sorgen, dass diese mit den üblichen Methoden von Partei und Staat repressiert werden: Dies belegt das von Manfred Krug wiedergegebene Gespräch von Werner Lamberz mit elf namhaften DDR-Künstlern, die Kritiker der Ausbürgerung von Wolfgang Biermann nach einem Konzert in der BRD waren [13, S.17 ff].

Im letzen Gespräch von Werner Lamberz und Manfred Krug wurde die Übergabe des Tagebuchs von Manfred Krug (32 Tage von Antragstellung bis zur Ausreise) mit allen Eindrücken zu Schikanen und Stimmungsmache gegen ihn und die Künstler, die die Bierman-Petition unterzeichnet hatten, vereinbart.

Es endete mit folgenden Worten: "Auf Wiedersehen, Manfred." "Auf Wiedersehen, Werner." [13, S.251].

Dass Lamberz den Weggang von Krug als traurigen und unnötigen Verlust empfunden hat, dürfte nach der Lektüre dieses Tagebuches unstrittig sein. Lamberz bejahte, dass es in der Parteiführung Personen gab, die Krug als Feind sahen, er gehöre aber nicht dazu [13, S.249].

Es darf auch angenommen werden, dass es hierzu zwischen Lamberz und Honecker zu harten Auseinandersetzungen um den richtigen Kurs gegenüber den DDR-Künstlern gekommen ist. Der offensichtliche Verdacht von Lamberz auf Abhörung der Gespräche durch die Staatssicherheit dürfte diese gefördert haben:
Die Frage von Lamberz an Krug nach einem Mitschnitt des Gesprächs von Lamberz mit den Künstlern hatte vermutlich Vorhaltungen im Politbüro zum Anlass, die auf Abhöraktionen der Staatssicherheit gegenüber den Künstlern und auch gegenüber Werner Lamberz basierten [13, S.251].

Bespitzelt wurde beispielsweise auch DDR-Verteidigungsminister Heinz Hoffmann [14] und auch Egon Krenz schloss später die Möglichkeit nicht aus, von der Staatssicherheit abgehört worden zu sein [15, S.124]. Die erst 2012 aufgefundene Hoffmann-Akte belegt, dass die Stasi SED-Spitzenfunktionäre nicht nur mit Sondergenehmigung der Parteiführung überwachte, eine solche Genehmigung lag im Fall Hoffmann nicht vor.

Es gibt das Gerücht, dass Lamberz und Honecker sich in den letzten Jahren spinnefeind gewesen seien und auch kein persönliches Wort mehr miteinander gesprochen hätten. Sohn Ulrich Lamberz datiert einen Bruch zwischen Lamberz und Honecker bereits auf etwa 1973/74 [16]. Auch mit Wirtschaftssekretär Günter Mittag habe sein Vater Ärger gehabt [ebenda].

Krug konstatiert zum Schluss seines Buches lakonisch: "Knapp ein halbes Jahr später, am 6. März 1978, stürzte Lamberz während eines Staatsbesuchs in der Libyschen Arabischen Volksyamahiriya mit einem Hubschrauber ab und verunglückte tödlich" [13, S.252].

Zum Absturz kursierten neben der offiziellen Version (technische Mängel des Hubschraubers, schlecht ausgebildete Piloten) sehr schnell und bis heute viele und zum Teil auch sehr unterschiedliche Gerüchte, so beispielsweise

- Honecker hätte Lamberz als gefährlichen Rivalen um die Macht aus dem Weg räumen lassen, der Unfall wäre deshalb von der Staatssicherheit arrangiert worden,

- der sowjetische Geheimdienst KGB könnte Lamberz aus dem Weg geräumt haben [08], weil er der Afrika-Politik der Sowjetunion (Somalia / Äthiopien) in die Quere kam [siehe auch 17],

- der Hubschrauber sei durch eine Rakete von Rebellen getroffen worden, die dem Gastgeber Gaddafi gegolten hätte.

Mitarbeiter des Personenschutzes des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zeigten sich auch später noch verwundert, vor dem Abflug des Helikopters mit Lamberz von seinem Schutz abgezogen worden zu sein.
Für die Absicherung der Politbüro-Mitglieder (auch im Ausland) war nicht die Hauptverwaltung Aufklärung unter Markus Wolf, sondern die Hauptabteilung Personenschutz (HA PS) unter Günter Wolf zuständig, der direkt Minister Erich Mielke unterstand. Günter Wolf erhielt 1979 den Vaterländischen Verdienstorden in Gold [18].

Julij A. Kwizinskij wiederum berichtet davon, dass die sowjetische Führung direkte Informanten im Politbüro der SED hatte, die seit Mitte der 70er Jahre von immer ungenierteren und abschätzigeren Bemerkungen Honeckers über den damaligen KPdSU-Generalsekretär Breshnew berichteten [19, S. 263].

Kwizinskij schreibt weiter: "Manche von denen, die versucht hatten, Moskau zum Eingreifen zu bewegen, kamen unter sonderbaren Umständen ums Leben" - und damit dürfte er auch Werner Lamberz gemeint haben [ebenda].

Am 24. August 2009 berichtete bz-berlin.de von einer Obduktion der Leichen von Werner Lamberz, Paul Markowski, Armin Ernst und Hans-Joachim Spremberg durch Prof. Dr. Otto Prokop (wobei diesem aber die Identität der Leichen wohl nicht bekannt gegeben worden war) [20]. Prof. Prokop vermerkte so lediglich: "Vier hochgradig verkohlte männliche Torsos".

Es wurde berichtet, dass Erich Honecker den libyschen Untersuchungsbericht zum Hubschrauber-Absturz wie auch den Obduktionsbericht des Gerichtsmedizinischen Institutes der Humboldt-Universität im Politbüro in Umlauf geben ließ.

Rechtsmedizinprofessor Wolfgang Keil gibt Jahre später jedoch an, an der Obduktion der Überreste des Absturzes teilgenommen zu haben - bei der sei aber nichts von Werner Lamberz gefunden worden [21].

Was enthielt dann aber der von Honecker in Umlauf gegebene Obduktionsbericht an Aussagen zu Werner Lamberz?

Werner Lamberz bekam ein Staatsbegräbnis und seine (leere?) Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt.

Georg Melzer, letzter Chauffeur von Margot Honecker, machte auch ihr gegenüber keinen Hehl aus seiner Meinung, "dass Lamberz einem Komplott zum Opfer gefallen sei. Margot hat mir nie widersprochen, nur geschwiegen" [22].

Dass der nicht gerade für Empathie bekannte Staatssicherheitschef Mielke sich nach dem Tod persönlich sehr um die Familie Lamberz gekümmert und immer wieder nachgefragt hat, ob er helfen könne, verwundert schon [16].

Der Autor Jan Eik schließt jedoch nach umfangreichen Recherchen [23] aus, daß es sich um ein von der Staatssicherheit gesteuertes Komplott gegen Lamberz gehandelt haben könnte, hält aber ein auf den nicht mitfliegenden Ghaddafi gerichtetes Attentat seitens rivalisierender Gruppen für möglich [24].

Von Eik unerwähnt bleibt die von Florian Havemann (Sohn des bekannten DDR-Regimekritikers Robert Havemann und späterer Verfassungsrichter des Landes Brandenburg) 2007 mitgeteilte sexuelle Romanze von Margot Honecker und Wolfgang Biermann ([25 S. 201], siehe auch [26]), die auch der damaligen Szene im "Haus der Jungen Talente" in Ostberlin bekannt gewesen sein soll. Margot Honecker soll Biermann auch am letzten Abend vor dem Konzert aufgesucht haben. Dies mag man ungläubig zur Kenntnis nehmen.

In ihrem letzten Interview bestreitet Margot Honecker jedoch ausdrücklich eine solche Beziehung, ohne daraufhin überhaupt angesprochen worden zu sein[27, S. 150]. Das verstärkt aber eher den Zweifel daran, dass es eine solche Beziehung nicht gegeben hat.

Es ist bekannt, dass Margot Honecker von der Staatssicherheit überwacht wurde und sie sich dieser immer wieder zu entziehen suchte. Dass diese Überwachung auch die Affäre von Margot Honecker mit Wolfgang Biermann offenbart haben könnte, ist wahrscheinlich.

Biermann gab am 13.11.1976 in Köln sein SED-kritisches Konzert, noch in der Sitzung des Sekretariats des ZK der SED am 15.11.1976 spielte dieses Konzert aber keine Rolle [28, S. 60].

Vor diesem Hintergrund erscheint der von Generalsekretär Erich Honecker überstürzt initiierte Ausweisungsbeschluss des Politbüros der SED vom 16.11.1976 (Honecker selbst brachte überraschend den zusätzlichen Tagesordnungspunkt Vier zur Aberkennung der Staatsbürgerschaft Biermanns ein) eher als "Rache des gehörnten Ehemannes" denn als politische Bestrafung eines unbotmäßigen Liedermachers (siehe auch [28, S. 68 ff], Protokoll der Politbüro-Sitzung].

Dass Lamberz einen solchen persönlichen Rachefeldzug Honeckers (der als Folge eine tiefe Krise im Verhältnis von SED-Führung und DDR-Intelligenz auslöst) akzeptiert und sich darüber nicht erbittert mit ihm auseinandergesetzt hätte, ist kaum vorstellbar.

Eine solche Auseinandersetzung wäre aber eine starke Bedrohung für die Führungsrolle Erich Honeckers gewesen - ein drängendes Motiv für die Beseitigung von Lamberz durch Honecker und dem auch Lamberz überwachenden Staatssicherheitschef Mielke (siehe das Gespräch von Lamberz mit den DDR-Künstlern [13, S.251]).

Letztlich gibt es viele unstimmige Momente und viele Fragen bleiben offen, die möglicherweise nie beantwortet werden.


Quellen:

[01] Verschwörungstheorie bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Verschw%C3%B6rungstheorie

[02] Rainer Mausfeld: Neue Wege des Demokratiemanagements bei Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=1x8x9NokCZ0

[03] Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt) bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-sowjetischer_Nichtangriffspakt

[04] Massaker von Katyn bei Wikipedia: hhttps://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Katyn

[05] Zur "Kanzlerakte" bei direktzu.de: https://www.direktzu.de/kanzlerin/messages/mussten-sie-diese-kanzlerakte-unterzeichnen-13569

[06] Zur Einschränkungen der Souveränität Deutschlands nach 1945 bei Zeit.de: http://www.zeit.de/2009/21/D-Souveraenitaet

[07] Der war der geborene Führer bei spiegel.de: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41213407.html

[08] Mario Adorf zu Werner Lamberz auf Spiegel.de:http://www.spiegel.de/fotostrecke/werner-lamberz-der-tod-des-ddr-kronprinzen-fotostrecke-158935-13.html

[09] Zum Tod des Rheinländers, Kommunisten und DDR-Politikers Werner Lamberz bei Deutsche-Politik-News.de: http://www.deutsche-politik-news.de/modules.php?name=News&file=article&sid=221062

[10] Werner Lamberz bei ddr-wissen.de: http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Werner_Lamberz

[11] Stichtag 6. März 1978 - Tod des DDR-Politikers Werner Lamberz bei wdr.de: http://www1.wdr.de/stichtag7334.html (Stand vom 6.3.2013)

[12] Märchen vom kurzen Hemd bei zeit.de: http://www.zeit.de/1975/39/maerchen-vom-kurzen-hemd

[13] Manfred Krug: Abgehauen: Ein Mitschnitt und ein Tagebuch, ECON Verlag GmbH Düsseldorf, 9. Auflage 1996, ISBN-10: 3548365930

[14] Bespitzellung von DDR-Verteidigungsminister Heinz Hoffmann auf Spiegel.de:http://www.spiegel.de/politik/deutschland/stasi-bericht-orgie-und-saufgelage-bei-ddr-minister-heinz-hoffmann-a-825032.html

[15] Egon Krenz: Wenn Mauern fallen Die Friedliche Revolution: Vorgeschichte, Ablauf, Auswirkungen Paul Neff Verlag, Wien, 1990, ISBN 10: 3701403015

[16] Interview mit Sohn Ulrich Lamberz im ND: https://www.neues-deutschland.de/artikel/56376.die-dinge-vernuenftig-klaeren.html

[17] Charité-Rechtsmediziner Gunther Geserick wird 65 und zieht Bilanz: http://www.berliner-kurier.de/charit%C3%A9-rechtsmediziner-gunther-geserick-wird-65-und-zieht-bilanz-auf-du-und-du-mit-dem-tod-21894474

[18] Günter Wolf (General) bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Wolf_(General)

[19] Julij A. Kwizinskij: Vor dem Sturm Erinnerungen eines Diplomaten, Siedler Verlag Berlin, 1. Auflage 1993, ISBN: 3886804641

[20] Zur Obduktion der Leichen von Werner Lamberz, Paul Markowski, Armin Ernst und Hans-Joachim Spremberg durch Prof. Dr. Otto Prokop auf bz-berlin.de: http://www.bz-berlin.de/artikel-archiv/so-starb-honeckers-kronprinz-wirklich

[21] Josef Seitz: "Wahrheit gibt Zufriedenheit". Interview mit Rechtsmedizinprofessor Wolfgang Keil. Focus Nr. 30 vom 26. 07. 2010: http://www.focus.de/magazin/archiv/menschen-wahrheit-gibt-zufriedenheit_aid_534250.html

[22] Georg Melzer zu Margot Honecker bei Bild.de: http://www.bild.de/politik/2010/chauffeur/chauffeur-packt-aus-teil-zwei-15267430.bild.html

[23] Jan Eik: Besondere Vorkommnisse Politische Affären und Attentate, Verlag Das Neue Berlin, 3., veränderte Auflage 2006, ISBN: 3360007662

[24] Der Krimi-Autor Jan Eik durchleuchtet Fälle besonderer Art: "Politische Affären und Attentate" bei berliner-zeitung.de: http://www.berliner-zeitung.de/der-krimi-autor-jan-eik-durchleuchtet-faelle-besonderer-art---politische-affaeren-und-attentate--aufsehenerregende-schicksale-in-der-ddr-17293176

[25] Florian Havemann: Havemannn, Verlag: Suhrkamp; Auflage: 1. (1. Januar 2008), ISBN-10: 3518419498, ISBN-13: 978-3518419496

[26] Florian Havemann bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Florian_Havemann

[27] Nils Ole Oermann: Zum Westkaffee bei Margot Honecker: Letzte Begegnungen mit einer Unbeirrten, Verlag: HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH (27. Juni 2016), ISBN-10: 3455504256, ISBN-13: 978-3455504255

[28] In Sachen Biermann: Protokolle, Berichte und Briefe zu den Folgen einer Ausbürgerung, Verlag: Links, Ch; Auflage: 1. Auflage, (1994), ISBN-10: 3861530708, ISBN-13: 978-3861530701

Videos:

Westend Verlag / Rainer Mausfeld: Neue Wege des Demokratiemanagements
(Youtube-Video, Standard-YouTube-Lizenz, 12.02.2019):

Zitat: "Vortrag und Diskussion mit Rainer Mausfeld, Autor des Buchs "Warum schweigen die Lämmer?""




Kalender blatt / DLF 06.03.2018 Vor 40 Jahren DDR-Politiker verunglückte bei Hubschrauber-Absturz
(Youtube-Video, Standard-YouTube-Lizenz, 28.04.2018):

Zitat: "In der verknöcherten DDR-Nomenklatura galt er lange als Hoffnungsträger: Werner Lamberz wirkte jung, offen und aufgeschlossen. Manche handelten ihn sogar als Kronprinzen Erich Honeckers – doch am 6. März 1978 verunglückte Lamberz tödlich in Libyen."




Verschwörungshypothesen zu Komplotten zur Erringung und / oder der Erhaltung der Macht?



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